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Heute (22. März) ist der UNO-Weltwassertag

Wasser auf die Mühlen!



Foto: Tilo Grätz 
Mehrere Meter tief rauscht hier die Argen im Eistobel bei Isny einen natürlichen Wasserfall runter. Stürzen 100 Liter Wasser in 1 Sekunde 1 Meter tief, setzen sie dabei 1 Kilowatt Energie frei. Diese Wucht erleichtert dem Menschen seit Jahrtausenden in Wasserrädern die Arbeit. Noch heute stellt Wasserkraft mit 15 % der Welt-Stromgewinnung die größte erneuerbare Energiequelle rund um den Erdball dar. Foto aus dem YouTube-Film „Win Wasserkraft ist naturverträglich“).

Region – Sein Motto lautet heuer „water for peace“. Also „Wasser für Frieden.“ So der Leitspruch zum heutigen UNO-Weltwassertag“. Und tatsächlich: Anstatt teure, umweltschädliche Energien aus unsicheren Staaten nach Deutschland zu holen, bieten sich heimische Stärken an. Wie Wasserkraft. Im vergleichsweise wasserreichen Oberschwaben sorgt Wasserkraft sowohl für heimisch-bewährten, klimafreundlich gewonnenen Strom als auch für Stau-Bereiche. Manche von ihnen gelten als genussvolle Badeplätze. Mehr noch: Auch Hochwasserschutz und Wasser-Rückhalt für Trockenzeiten bringt Wasserkraft mit sich. Sie ließe sich im Oberland weit stärker nutzen als bisher, meint unser Reporter Julian Aicher.

„Diesmal haben Sie aber doch sicherlich nasse Füße bekommen?“ So die Frage an Christel Aßfalg. „Nein“,  antwortet die Wuhrmüllerin aus der Nähe von Waltershofen. Der Wuhrmühleweiher davor hatte das Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni 2013 wieder mal zurückgehalten. Das 27,7 Hektar große Gewässer fasst 378.000 Kubikmeter Tropfen. An seinem Ablauf im Mühlen-Anwesen erzeugt der Generator neben der Ossberger-Turbine pro Jahr bis zu 40.000 Kilowattstunden Elektrizität. Genug für 25 Privatpersonen.

Strom von der Moosmühle?

Solche über Jahrhunderte bewährte Wasserstaue vor Wasserrädern laden zum Baden ein. Etwa der Stadtweiher in Leutkirch. Geeignet, viel kostbares Nass zurück zu halten, versorgte er einst auch das (erhaltene) Rad der Geißlermühle mit Triebkraft. Zulaufbäche am Stadtweiher-Oberlauf machten es der Moosmühle möglich, Pumpen für Trinkwasser in Schwung zu bringen. Und eine Turbine. Die Heimatpflege Leutkirch ließ kürzlich Studiosi der Hochschule Weingarten prüfen, ob in der Moosmühle künftig wieder Strom dank Wasserkraft entstehen könnte.

Wasser-Rückhalt für Wasserkraft-Nutzung. Über Jahrhunderte bewährt. Und doch auch heute noch wichtig. So entwässert der Wuhrmühleweiher über die Wolfegger Ach in die Schussen. Damit hilft der Wuhrmühleweiher Weingarten und Ravensburg vor Hochwässern zu schützen. Wie diese Karte Home (kreis-ravensburg-regenerativ.de) zeigt, arbeiteten einst an der Wolfegger Ach und ihren Zuläufen mehr als 20 Wassertriebwerke. Heute tun’s noch zehn. Noch klarer die Zahlen für den Flappach bei Ravensburg. Von 20 Wasserrädern, die sich dort wohl um 1900 noch drehten, sind heute noch zwei in Schwung. Gerade mal ein Zehntel. Der Biologe und Physiker Ernst Ulrich von Weizsäcker (Club of Rome) hatte deshalb sicher Recht, als er zur Wasserkraft in Süddeutschland meinte: „Da gibt es wieder viel zu tun.“

Aus 80.000 wurden 8000

Weltweit liefert Wasserkraft 15 Prozent des Stroms. Mehr als Atomkraft. In Deutschland deckt die Energie treibender Tropfen 4 Prozent der Stromversorgung. Um 1900 arbeiteten zwischen Bodensee und Ostsee rund 80.000 Wassertriebwerke. Heute sind es noch etwa 8000. Ein Zehntel. Doch selbst aus diesen 8000 ließe sich viel mehr Elektrizität gewinnen. So hat der Elektrotechniker Rolf Gschwind aus Rot an der Rot während der letzten 40 Jahre rund 500 Wasserkraftanlagen optimiert und saniert. Dabei kam unterm Strich eine Verdoppelung der Strommenge raus. Eine der vergleichsweise vielen Turbinen Rot an der Rots befindet sich unterm gleichen Dach wie der „Gasthof alte Klostermühle“ mitten in dem barocken Klosterort:

Rot an der Rot – Ortschaft mit beispielhafter Wasserkraft-Nutzung (youtube.com)

Regenerativ in Rot – Folge 8 – Rio – Regenerativ in Oberschwaben (youtube.com)

Die Wirtschaft lockt mit lecker saisonalen Gerichten aus der Umgebung. Ähnlich der Gasthof „Obere Mühle“ in Leutkirch-Adrazhofen. Er erzeugt Strom und bietet Gaumenfreuden.

Wasserkraft wirkt vielseitig. In Obermarchtal erleuchtet die Strommenge aus dem Donaukraftwerk Alfredstal nicht nur das Barockmünster, sondern sorgt auch in der nahen Hard-Rock-Konzert-Gaststätte „Kreuz“ für guten Ton. Und lauten. Man schauen nach Obermarchtal: Obermarchtal – Folge 1 – Rio – Regenerativ in Oberschwaben (youtube.com)

Dabei arbeiten Wasserkraftanlagen „ökologisch“. Ernst Ulrich von Weizsäcker bezeichnete ihre Staubereiche als „wunderbare Biotope“. Wörtlich hier zu hören und zu sehen: Win – Wasserkraft ist naturverträglich (youtube.com)

Wie friedlich Wasserkraft in ihrer Umgebung wirkt, zeigt sich schließlich bei der Landesgartenschau Wangen. Mehrere alte, „wachgeküsste“ Wassertriebwerke zeigen sich als Anziehungspunkte auf dem Gartenschau-Gelände. Sie lassen erkennen: Wasserkraft sorgt in einer wasserreichen Gegend tatsächlich für gutes Klima. Drehen sich ihre Räder, entweichen dabei 0 Gramm Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Luft, 0 Gramm Schwefel, 0 Gramm Stickstoff und Staub. Auch kein Feinstaub. Mehr noch: An heißen Tagen kann aus den Gewässern Dunst aufsteigen. Ziehen dann oben Wolken vorbei, bestärkt sie der aufgestiegene Dunst. So gewinnen sie mehr Tropfen, werden schwerer – und regnen ab. Auf diesem Weg bewahrt Wasserkraft das schwäbische Oberland immer wieder vor Trockenzeiten. Der heutige UNO-Weltwassertag regt also dazu an, der Regenerativ-Energie Wasserkraft nicht nur Wasser auf die Mühlen zu leiten. Wasserkraft: alte Energie mit neuer Zukunft.
Julian Aicher

Transparenzhinweis: Bildschirmzeitungsreporter Julian Aicher lebt in der Rotismühle – neben seinem Kleinwasserkraftwerk.

Dieser Bach – hier auf Markung der Großen Kreisstadt Leutkirch – trieb einst (mindestens) zehn Wasserräder an. Heute sind noch sieben Stromgeneratoren am Bach in Betrieb. In einer dieser Wasserkraftanlagen entstehen pro Jahr über 100.000 elektrische Kilowattstunden. Foto: Julian Aiicher




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