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Kandidatenvorstellung zur Oberbürgermeisterwahl

Von guten Ideen bis Vertrauen nach 16 Amtsjahren 



Foto: Julian Aicher
Exakte Zeitmessung: Eine überdimensionale digitale Uhr zeigte die Redezeit der Kandidaten an.

Leutkirch – Mittwochabend, 5. Juni, kurz nach 19.00 Uhr. In der Festhalle Leutkirch sind „Plätze hier vorne noch zu haben“, sagt Bürgermeisterin Christina Schnitzler. In der Tat: Der Saal ist nicht voll. OB Hans-Jörg Henle und Herausforderer Franz Josef Natterer-Babych aus Kempten lassen bei der offiziellen Kandidatenvorsrellung erkennen:  Es gibt am kommenden Sonntag durchaus eine Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Persönlichkeiten. Etwa zwischen einem, der seine „guten Ideen“ schildert (Natterer-Babych) und einem, der nach 16 Amtsjahren Leutkirch „gut gerüstet“ für anstehende Aufgaben sieht. Auch deshalb könne sich Leutkirch als „Mitmachstadt“ weiter entwickeln.

Nach einführenden Worten von Bürgermeisterin Christina Schnitzler leitet Kulturbeauftragter und Volkshochschulleiter Karl-Anton Maucher die Veranstaltung. Jeder der beiden Bewerber bekommt 15 Minuten Zeit, sich vorzustellen. Danach 20 Minuten Fragerunde aus dem Saalpublikum. Während der eine Bewerber in der Festhalle spricht, muss der andere in der Künstlergarderobe warten. Als erster ist Kandidat Franz Josef Natterer Babych aus Kempten dran. 

Offen für Neues. „Das hätte ich vor drei, vier Monate auch nicht gedacht.“ Der Kemptener Ingenieur, Stadtrat und Leutkircher OB-Kandidat Franz Josef Natter-Babych (Bild), 49 Jahre alt, aufgewachsen in Legau auf einem Bauernhof, Lehre im Metallbereich, berufliche Auslandsaufenthalte, Studium an der Technischen Universität München, heute Lehrender in Kempten, lobt Leutkirch als „sehr offen, sehr neugierig, sehr freundlich“. 

Franz Josef Natter-Babych spricht. Im Hintergrund Moderator Karl-Anton Maucher. Foto: Julian Aicher

Natterer-Babych stellt sich dem Publikum frei stehend als Mann der Ideen vor. „Ich finde, atypisch zu sein, ist nicht verkehrt“, bekennt Natterer-Babych. Und nennt dann mehrere Ideen. Zum Beispiel die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugenossenschaft. Diese brauche dann nicht nur Gebäude zu errichten, sondern könne sich auch „Innenstadtimmobilien aneignen“, um dort die Entwicklung mit zu steuern.  Die Kernstadt möchte er autofrei sehen. Denn: „Das kann mehr Leute in die Innnenstadt bringen als mit Autos.“ Natterer-Babych lobt die Vereinskultur in der Nibelstadt. Im alten Feuerwehrhaus würde er gerne ein Medizinisches Versorgungs-Zentrum (MVZ) einrichten, wenn dort die Feuerwehr ausgezogen sei. 

Der Amtsinhaber. Oberbürgermeister Hans Jörg Henle stellt sich ans Rednerpult (Bild) und zeigt sich als einen, der erfahren anpackt. Ihm sei eigentlich gar keine Zeit geblieben, eine geschliffene Rede vorzubereiten. Denn er habe sich bis vor zwei Stunden im Einsatz gegen das Hochwasser befunden. Henle: „Ich habe gar nicht gewusst, dass man mehrere Nächte mit so wenig Schlaf auskommen kann.“ Wenn Hochwasser-Gefahr im Verzug sei, müsse notfalls ein Bagger einen Notdamm auch in geschütztes Gebiet bauen, statt aufgeschüttet in Handarbeit von 200 Feuerwehrleuten, wirft er den Blick nach vorn.

Hans-Jörg Henle bei der Kandidatenvorstellung am Mittwoch (5.6.). Foto: Julian Aicher

Henle ist seit seinem Amtsantritt vor 16 Jahren „vom großen ehrenamtlichen Engagement“ vieler in Leutkirch begeistert. Diese Flächengemeinde wolle er als „Mitmachstadt“ weiter führen. In seiner Amtszeit habe sich die Zahl der Arbeitsplätze um 50 Prozent gesteigert. Das Steueraufkommen für die städtischen Kassen sei verdreifacht worden. So stehe Leutkirch „gut gerüstet“ da. Die Rücklagen seien gut dotiert, man habe 70 Millionen Euro auf der hohen Kante. Dabei erweise sich die Nibelstadt als markantes Reiseziel. Waren’s zu Henles Amtsbeginn 35.000 Übernachtungen pro Jahr, sei diese Zahl auf gut 1,4 Millionen Übernachtungen gestiegen. Im Sommer werde voraussichtlich ein Bähnchen vom Center-Parcs in die Kernstadt fahren. Leutkirch verfüge über so viele neue Sozialbauwohnungen wie seit Jahrzehnten nicht mehr.   

Hans Jörg Henle tritt als einer auf, der „nicht erst drei Jahre Einarbeitungszeit“ brauche, sondern der anpackt. Gerade jetzt – in Hochwasserzeiten. Woher viele Nöte kommen, beklagt er mit der Feststellung, „dass wir mit der Bürokratie alles lähmen“. Deshalb betont er: „Wenn von Brüssel oder Stuttgart was kommt – da bin ich vorsichtig“. Deshalb sieht er auch das geplante Biosphärengebiet der Stuttgarter Landesregierung als „komplett falsch aufgezogen“. Mit 20 Bürokratie-Beschäftigten, die magere 200.000 Euro verwalten sollen. Da sei es doch besser, auf örtlich Bewährtes zu setzen. Und deshalb betont Henle: „Ich freue mich, wenn Sie mir ihr Vertrauen geben.“ 
Text / Fotos: Julian Aicher




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