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„Tag des offenen Denkmals“

Heimatpflege öffnete die Türen des Leprosenhauses



Foto: Julian Aicher
Mit zwei Führungen gewährte die Heimatpflege am Sonntag viele Einblicke in das Leprosenhaus.

Leutkirch – Sonntagnachmittag, 8. September im Leprosenhaus gegenüber „Gruschwitz“ nahe der Memminger Straße. Die Heimatpflege Leutkirch lädt zu zwei Führungen durch das ehemalige Leprosenhaus. Für aufmerksames Publikum bietet sich dabei ein besonders Erlebnis. Denn Einblicke in Gegenwart und Geschichte des Gebäudes liefert nicht allein  Jürgen Waizenegger von der Heimatpflege, sondern auch Conny Kullick. Sie hat selbst Kindheit und Jugend in dem Haus verbracht. Auch Bildschirmzeitungsreporter Julian Aicher hörte ihr zu.

„Leprosen“. So hießen einst diejenigen, die unter einer „infektiösen Hautkrankheit“ litten. Also „Lepra“. Chronisch, lang anhaltend. Mit „Knochen-“ und „Nerven-Degeneration“. Das Ganze übertragen durch Bakterien. So etwa nachzulesen in „Wikipedia“. Die Krankheit wütete wohl bis um 1800,  berichtet Leprosenhaus-Führer Jürgen Waizenegger von der Heimatpflege Leutkirch am Sonntagnachmittag (8.9.).

Mit Klappern gewarnt

Im Leprosenhaus zeigt eine Papp-Figur, wie solche Leute damals ausgesehen hatten. Denn sie mussten mit einem klappernden Holzgerät andere warnen – auch mit spezieller Kleidung. Zum Masken-Tagen waren sie derweil nicht gezwungen. Eine Mauer ums Leprosenhaus riegelte sie von anderen Personen ab. Eine Kirche befand sich ebenfalls dort. Das zeigt eine „Merian“-Abbildung aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648). Ähnliche Liegenschaften standen in Bad Wurzach, Isny oder Wangen. Dort durften sich die „Leprosen“ gegenseitig besuchen, berichtet Jürgen Waizenegger bei der Führung.

Ab ca. 1800 ein Armenhaus

Conny Kullick (Bild), ist im Leprosenhaus aufgewachsen, als es längst kein Haus mehr für Aussätzige war. Mit drei Schwestern in einem Schafraum. Ihre vier Brüder hatten ebenfalls ein Schlafzimmer zusammen. Kullick (geb. 1972) neigt den Kopf zu einer tiefen Tür in der Wand. „Da geht’s zum Keller“. Metall-Ringe an der Wand dort unten ließen vermuten, dass dort manche der damals unheilbar Kranken angekettet gewesen seien, erzählt Conny Kullick. Später, nach 1800, habe das Gebäude als Armenhaus gedient – bis 2004. Wer aufs Klo musste, habe dazu noch jahrelang ein Plumpsklo außerhalb der Mauern nutzen müssen. Auch im Winter. Ihr Vater, ein Gipser, habe dann ein Bad mit Toilette eingebaut.

„Am schlimmsten war der Schulweg“

Conny Kullick weist auf die steinernen Bodenplatten. Sie wirken handwerklich kundig verlegt. Ihr Vater habe das gemacht, erzählt sie. Ihre Familie sei nicht arm oder wohnsitzlos im strengeren Sinn gewesen, habe aber mit acht Kindern nicht genügend Geld habt. War es schwierig, im Leprosenhaus zu leben? „Das Schlimmste war der Schulweg“. Nämlich zu Fuß bis fast ans andere Ende der Kernstadt – nahe Ringweg. Dort seien die Kullick-Kinder von anderen oft gehänselt worden. Sie wehrten sich: Ihr Vater sei ein fleißiger Handwerker, aber die Familie kinderreich. Als sie 18 wurde,zog sie aus dem Leprosenhaus aus, erzählt Conny Kullick. Was prägte ihre Kindheit und Jugend am meisten im Leprosenhaus? Kullick überrascht mit einer prompten Antwort: „Ich könnt da wieder hinziehen.“ Denn unterm gleichen Dach habe damals eine ebenfalls kinderreiche Familie gelebt. Beide Sippen verstanden sich offenbar gut. Der Nachwuchs spielte im großen Garten draußen. Und man sei ab und zu zusammen dort am Lagerfeuer gesessen. Auch die Holzheizung von damals werde heute wieder modern. Lebensnahe Erinnerungen.

Heute bietet das Leprosenhaus Modellbau-Begeisterten eine Heimstatt. Und ist Gegenstand der Erhaltungsarbeit der Heimatpflege. Sichtbar geworden am „Tag des offenen Denkmals“.
Text und Fotos: Julian Aicher




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