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„Talk im Bock“ vor über 200 Leuten unter freiem Himmel am Montagabend auf dem Gänsbühl 

Christiane Fladt, Cordian Riener und Elisabeth Sauterleute: Drei Leutkircher stehen Rede und Antwort



Foto: Julian Aicher 
Ein mit deutlich über 200 Personen besetzter Gänsbühl-Platz bot am Montagabend die malerische Kulisse für den sommerlichen Talk im Bock (TiB) unter freiem Himmel.

Leutkirch – Über 200 Leute. Sie versammelten sich am Montagabend, 12. August, ab 18.00 Uhr, um dort ab 19.00 Uhr beim Talk im Bock (TiB) dabei zu sein. Und zwar beim insgesamt 222. TiB. Das Publikum spendete dabei 1435 Euro für den „mobilen Malraum für geflüchtete Kinder“.  

„Wir haben für Sie gut geheizt.“ So die Begrüßungsworte von Volkhochschulleiter Karl-Anton Maucher am Montagabend kurz nach 19.00 Uhr auf dem rappelvollen Gänsbühlplatz. In den rund zwei Stunden danach durfte das Publikum erfahren, was ein „Vernichtungsschmerz“ ist, warum Barbie-Puppen die Lust an Mathematik verderben und über was man sich in Stuttgart besonders freut, wenn Post aus Leutkirch kommt. Darüber – und über noch viel mehr – berichteten auf der Bühne Bergsteigerin Christiane Fladt, Mathematikprofessor Cordian Riener und Kunstschule-Leiterin Elisabeth Sauterleute. Sie standen Rede und Antwort auf Fragen von Nina Poelchau, Karl-Anton Maucher und Joachim Rogosch. 

„Ich schreibe jedes Jahr einen Dankesbrief“ 

„Ich habe einfach Gott- und Menschenvertrauen.“ Und: „Ich bin natürlich auch süchtig nach Laufen und nach Bewegung.“ So beschrieb sich die ehemalige Leutkirch Gymnasiallehrerin Christiane Fladt. In der Nibelstadt besser bekannt als begeisterte Strecken-Radlerin, Bergsteigerin und Pakistan-Freundin. Beim Talk am Bock am Montagabend ging es allerdings auch um die Zeit nach dem 13. August 2021. Denn da bekam Christiane Fladt einen Anruf von einer Augsburger Klinik. Dabei hörte die Leutkircherin: „Wir haben eine Niere für Sie.“ 

Wie fühlte sich Christiane Fladt nach der folgenden Operation? „Ich kann bloß sagen: Wunderbar. Wunderbar!“  Kurz. „Ich bin pumperlgsund, wie man so sagt.“ Daher „ist es ein riesiges Anliegen, die Organ-Spende-Bereitschaft anzuregen“. Fladt, die vier Bücher veröffentlicht hat, berichtete ihrer Befragerin Nina Poelchau: „Ich schreibe jedes Jahr einen Dankesbrief.“ Und zwar an die Familie der Verstorbenen in Kroatien, deren Niere zur Spende an Christiane Fladt freigegeben worden war.   

Als Nina Poelchau wissen wollte, ob Christiane Fladt sich nie gefragt habe, „warum gerade ich?“, antwortet Fladt prompt, sie empfinde „keinen Hader“ mit ihren Rückschlägen. Immerhin: Während ihrer Dialyse vor der Nieren-Operation überwand sie in vielen Wanderungen gut 70.000 Höhenmeter. Und das, nachdem sie bei den ersten Anzeichen der Nierenschwäche mit dem „Vernichtungsschmerz“ zu kämpfen gehabt hatte. 

Fünf Bier auf Finnisch 

Nach einer lauschigen Pause mit der swing-vollen Musik von „Just Friends“ fragte Karl Anton Maucher den Mathematikprofessor Cordian Riener, was so schön sei an Leutkirch. Dort war der gebürtige Memminger, aufgewachsen. Heute lehrt er in der nördlichsten Universität Norwegens. Rieners Antwort: „Es gibt immer noch viel Engagement.“ An der Allgäuer Bevölkerung schätzt er ihr „direktes Zugehen auf Leute“. Außerdem hatte Riener bei Hedwig Seidel-Lerch an der Grundschule Oberer Graben gelernt, das drei mal acht 24 und nicht 25 ergibt.  

Damit war die Prägung für Mathematik gelegt. Auch wenn Riener neben „Schwäbisch als erster Fremdsprache“ noch von Französisch bis Ungarisch „vier bis sechs“ europäische Sprachen beherrscht – und auf Finnisch immerhin „fünf Bier bestellen“ kann. „Ich war immer eine neugierige Person.“ Und so hätte Cordian Riener vor Jahren beinahe eine Schauspielschule besucht, bekam aber von seiner Mutter den Rat, „nix Brotloses“ zu lernen. In Philosophie schrieb er sich deshalb erst nach der Mathematik ein. 

Trost spendete Cordian Riener seinem Befrager Karl-Anton Maucher. Nachdem Maucher bekannt hatte, auf wenig Freude beim Fach Mathematik gestoßen zu sein, erklärte der Mathematik-Professor: „Es gibt ganz viele Menschen, denen Mathematik madig gemacht wird.“ Das liege freilich nicht allein an deren rund 3000 Jahre alten Erkenntnissen als vielmehr an Sprüchen, wie sie Barbie-Puppen von sich eben: „Mathe ist schwer.“ Dennoch: Vieles, was heute den Alltag präge, finde in der Mathematik seinen Ursprung. Etwa „alles, was digital ist“. Vielleicht biete das japanische Unterrichtswesen für Mathematik bessere Voraussetzungen als das deutsche. Was unterscheide das Allgäu von Nord-Norwegen, wollte Maucher wissen: „Die Leute sind gleich nett“, berichtet Cordian Riener. In den Nibelgau zurückzukehren, könne er sich aber bestenfalls nur dann vorstellen, „wenn der Herr Henle sagt: ,Wir gründen jetzt die Allgäu-Universität und wir haben noch keinen Mathematik-Professor‘.“ 

„Kunst ist Energie, die alles verbindet“ 

„Man ist bei uns, bis man 27 ist. So schilderte Elisabeth Sauterleute die „Laufbahn“ an ihrer Freien Kunstschule Leutkirch – direkt am Kornhaus und an der Bachstraße. Dort sei „der Zugang niederschwellig“ und ergebe trotzdem – oder deswegen? – „ein hohes Niveau“. Etliche, die in Sauterleutes Schule gelernt hätten, „sich selber auszudrücken“, verfügten heute über ein abgeschlossenes Grafik- oder Kunststudium. Von manchen von ihnen werde Elisabeth Sauterleute dann zu Studien-Abschlussfeiern eingeladen. „Dann tauche ich ein in das, was Zeitgenössischer nicht sein könnte.“ 

Ihre Freie Kunstschule sei „keine wertende“ Bildungseinrichtung, sondern ein Ort der den Nachwuchs spüren lasse, „was was Kreatives ist“ und „wo Kinder sich ausleben können“:  Bei Kunst „ist man nie fertig“,. Derweil könnten Leute, die die Freie Kunstschule Leutkirch eingehend auf sich wirken ließen „erkennen, was Kunst ist“.  Und was ist Kunst? „Kunst ist die Energie, die alles verbindet.“ 

Lehrerin Sauterleute und ihre Kolleginnen und Kollegen seien „dankbar, wenn junge Menschen einen mitnehmen“. „Dass es bei Kindern nicht viel braucht“, sich für etwas zu begeistern, habe Elisabeth Sauterleute selbst in ihren jüngsten Jahren in Gebrazhofen erlebt. Dort sei sie so „unverwaltet“ wie „frei und geborgen“ aufgewachsen. Betreut von beiden Eltern daheim. Die Mutter als Hausfrau, der Vater als Schmied. Er setzte damit eine lange Familientradition fort. 

Dass an der Freien Kunstschule „Bildung nicht verflacht“, zeige sich an ihren Ergebnissen. Elisabeth Sauterleute: „In Stuttgart freut man sich immer über Bewerbungsmappen aus Leutkirch.“  Außerdem höre sie von Vorbeikommenden am Kornhaus oder der Bachstraße immer wieder: „Wir gucken sehr gerne in Euer Fenster rein.“ In der Kunstschule befinde sich derzeit etwa der „Maltisch, den Kinder bemalten“. Flüchtlingskinder. Sauterleutes Schüler Till Schilling hat sie über seinen „mobilen Malraum“ dazu gebracht, sich künstlerisch auszudrücken. Dafür bat Elisabeth Sauterleute am Montagabend um die TiB-Spende. Das Publikum spendete 1435 Euro und langen, lauten Beifall für Elisabeth Sauterleute. 
Text und Fotos: Julian Aicher

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BILDERGALERIE

Fotos: Julian Aicher

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