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Grüne beantragten Vertagung

Gemeinderat befasste sich mit dem Thema „Biosphärengebiet“



Kißlegg – Mittwochabend, 12. März, ab 17.00. Im Esther-Saal des Neuen Schlosses Kißlegg kommt der Gemeinderat zu seiner März-Sitzung zusammen. Dabei gleich    z w e i m a l    auf der Tagesordnung: das geplante Biosphärengebiet. Mit teils deutlichen, fast lauten Tönen. Ergebnis: Bei einer Gegenstimme beschlossen alle anwesenden Gewählten: „Die Gemeinde sieht derzeit kein Erfordernis, an einem Biosphärengebiet nach § 25 BNatSchG teil zu nehmen.“ (Wobei BNatSchG für Bundesnaturschutzgesetz steht.). Hier Bericht 1 (Bericht zu: siehe Link am Ende dieses Artikels).

Spannung wie kurz vor einem Gewitter. Kaum hatte die eigentliche Sitzung um 17.00 Uhr begonnen, da beantragte Ratsmitglied Bernhard Klein (Grüne), einen Tagesordnungspunkt heute  n i c h t zu behandeln. Nämlich das geplante Biosphärengebiet. Begründung: Die schriftlichen Vorlagen der Kißlegger Verwaltung zur Sitzung seien nicht sachgerecht. So könnten die dort gezeigten Landkarten womöglich nicht die wirklich vollständigen Biosphäre-Planungen zeigen. Diese Karten würden nämlich erst am Monatsende März definitiv veröffentlicht. Deshalb forderte Bernhard Klein, den Tagesordnungspunkt abzusetzen und erst in einer späteren Gemeinderatssitzung zu behandeln. Klein bezweifelte, ob die Rathausverwaltung dem Gemeinderat Biosphären-Karten schon jetzt vor Augen führen dürfe.

Prompte Widerrede. Bürgermeister Dieter Krattenmacher antwortete auf Klein, dem Rathaus stehe sehr wohl das Recht zu, die bisherigen Biosphären-Plan-Karten dem Gemeinderat darzustellen, „dass das Gremium diese Karten einschätzen kann“. Denn die Verwaltung habe diese Karten erhalten, um die Gemeinderatsmitglieder aktuell zu informieren. Deshalb sprach sich Krattenmacher dafür aus, das „Biosphärengebiet“ am Mittwochabend „auf der Tagesordnung nicht abzusetzen“. Dem stimmten alle Ratsmitglieder zu – mit Ausnahme von Meike Sontheim (Grüne) und Bernhard Klein (Grüne).

Hörbare Wortführer. Als dann die „Biosphäre“ als Tagesordnungspunkt im Gemeinderat anstand, erkannte Bürgermeister Krattenmacher die Gewählten als die dafür absolut richtige Runde. Denn zu den Ratsmitgliedern gehöre sowohl Biosphären-Befürworter Bernhard Klein (Grüne) aus dem Kreis der „Biosphärenbotschafter“ als auch Michael Fick (CDU) als Biosphärengebiets-Gegner von der „Allianz für Allgäu-Oberschwaben“. Damit könne der Gemeinderat „die große Diskussion hier reinbringen“.

Was steht im Gesetz?

Als Grundlage eines möglichst sachlichen Meinungsaustauschs benannte Rathauschef Krattenmacher die Frage: „Was steht eigentlich im Bundesnaturschutzgesetz?“ Dessen Paragraph 25 biete die „rechtliche Grundlage für ein Biosphärengebiet“. Nicht etwa Landesparagraphen. Wichtig sei daher, was das Bundesnaturschutzgesetz zu „Biosphärenreservaten“ festlege. Demnach gelten als „Biosphärenreservate“ „einheitlich zu schützende und zu entwickelnde Gebiete, die großräumig und für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sind“. Diese Gegenden müssen „in wesentlichen Teilen ihre Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets, im Übrigen überwiegend eines Landschaftsschutzgebiets erfüllen.“ 

Bürgermeister Dieter Krattenmacher machte in diesem Zusammenhang auf § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes aufmerksam. Demnach sei „im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuchs die Neueinrichtung von Beleuchtungen an Straßen und Wegen“ verboten. Ebenso „lichtemittierende Werbeanlagen“.  Damit nicht genug. Denn als „Kernzone“ eines „Biosphärengebiets“ könne in Kißlegg etwa das Arisrieder Moos gelten. Dort führe aber die Allgäubahn vorbei. Die Deutsche Bahn wolle 2028 einen steilen Hang dort zur Sicherheit „sanieren“. Wären diese Arbeiten direkt an einem Biosphärengebiet dann noch ohne allzu große rechtliche Hürden erlaubt? In ihrer schriftlichen Vorlage zur Gemeinderatssitzung nannte die Verwaltung mehrere solch drohender Konflikte. Ursprünglich sei sogar ein Badeverbot im Obersee bei den Biosphären-Vorplanungen erwogen worden, berichtete Krattenmacher. Inzwischen werde dies von der Biosphären-Vorbereitung nicht mehr gefordert.

Andererseits finde sich das Arisrieder Moos nicht als einziger Ort, der in Kißlegg von Regelungen eines Biosphärengebiets betroffen sein könnte. Bürgermeister Krattenmacher nannte da Immenried mit dem Gründlenried, teils den Obersee, den Zellersee, Bürgermoor, Finkenmoos, Roter Weiher, Argensee, Wuhrmühle-Weiher, die Argen, das Sigratsrieder Moor und Liebenried. Krattenmacher: „Auf die kleineren Gebiete möchte ich jetzt nicht eingehen.“

Bürgermeister Dieter Krattenmacher – ein beinharter Vertreter betonierter Industrielandschaften? Diesem Eindruck wollte der Rathauschef klar entgegentreten, als er sagte: „Ich möchte vorausschicken, das ich seit 20 Jahren Regionalentwicklung betreibe.“ So habe er etwa den Landschaftserhaltungsverband stark unterstützt. Deshalb wisse Krattenmacher auch, dass es im Naturschutz viel wichtigere Aufgaben gebe als „Biosphärenreservate“. Und zwar gesetzlich vorgeschriebene. Zum Beispiel zur Frage: „Wie entwickeln wir die Moore klimaverträglich?“  Dabei verfolge der Rathauschef die Leitlinie: „Wenn Du etwas erreichen willst, dann musst Du das mit den Menschen machen.“ Etwa die „Biotopvernetzung“. Auch diese vom Gesetz verlangt. Biotopvernetzung, Klimaschutz, Moorschutz, Naturschutz – da forderte Krattenmacher, „dass wir darüber hinaus nicht noch eine zusätzliche Aufgabe auferlegt bekomme.“ Denn wer von der Bevölkerung zuviel verlange, erzeuge irgendwann bei der Bürgerschaft Gegenwehr. Hier etwa bei der Landwirtschaft. Deshalb bringe ein Biosphärengebiet die Gefahr mit sich, dass es viele Umweltschutz-Ziele „eher gefährden als fördern“ könne.

Was sagten Gemeinderatsmitglieder zu den Ausführungen von Bürgermeister Krattenmacher?  
Siehe dazu unseren Bericht II zu diesem Tagesordnungspunkt.
Julian Aicher



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