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War 542 Jahre lang ein Gottesdienstraum

Die Spitalkapelle wurde profaniert



Foto: Uli Gresser
Pfarrer Stefan Maier entnimmt aus der Altarmensa den Altarstein, der dem Bischöflichen Ordinariat in Rottenburg übergeben wird.

Bad Wurzach – Zwei Dutzend Personen waren am 4. April 2025 um 18.00 Uhr in die Bad Wurzacher Spitalkapelle gekommen, um einem denkwürdigen Akt beizuwohnen: der Profanierung der 542 Jahre alten Kapelle im ehemaligen Altersheim und Ortskrankenhaus Zum Heiligen Geist; geweiht worden war sie am 7. Oktober 1482.

Pfarrer Stefan Maier, der der wehmütigen Feier vorstand, sagte, dass der Fachausdruck „Profanierung“ mit Entweihung schief übersetzt sei. Man führe das kleine Gotteshaus, das im Eigentum der Stadt steht, einem neuen – weltlichen Zweck – zu, weil man sie nicht mehr brauche, mehr noch, weil „wir sie nicht mehr nutzen können“. Das resignativ-realistische Wort betonte er auf „können“. Entscheidend sei der lebendige Glaube, nicht der bauliche Ort. „Seien wir besorgt darum, dass wir uns nicht selbst profanieren.“ Was jetzt mit einem förmlichen Akt – Verlesung eines Dekretes des Bischofes, Entnahme des Altarsteines – geschehe, sei der Schlusspunkt eines längeren Prozesses; de facto sei die Kapelle seit vielen Jahren schon nicht mehr im religiösen Gebrauch.

Bürgermeisterin Alexandra Scherer sagte, der Gemeinderat habe es sich bei der Entscheidung, die Kapelle einem weltlichen Zweck zuzuführen, nicht leicht gemacht. Man sei überzeugt davon, dass die Nutzung durch den angrenzenden Gastronomen „hochwertig“ sei. Mit Verweis auf Vorgaben des Denkmalamtes teilte sie mit, dass der barocke Altar und die Heiligenfiguren im Raum verbleiben. Die Figuren, darunter eine Pietà (im Volksmund: eine schmerzhafte Madonna), würden an den Wänden höher angebracht, damit das kommende Feinkostgeschäft Regale stellen könne. Die Bänke würden ausgebaut und eingelagert, so dass eine spätere Wiedernutzung zu Gebetszwecken möglich bleibe. Der Raum werde vermietet, bleibe also im Eigentum der Stadt. Frau Scherer dankte allen, die den würdigen Abschlussgottesdienst mitgestaltet und besucht haben.
Gerhard Reischmann

Lukas, der beim Profanierungsgottesdienst ministriert hatte, mit dem Altarstein, der dem Altar der Spitalkapelle entnommen worden war. Erkennbar sind die fünf Kreuze, die bei der seinerzeitigen Altarweihe mit Chrisam bestrichen wurden, wie es der Weihe-Ritus vorsieht. Das Feld in der Mitte ist das sogenannte Sepulchrum, wo eine Reliquie, ein irdischer Rest eines Heiligen, deponiert ist. Der Altar, zu dem dieser Stein gehört hatte, stammt erkennbar aus der Barockzeit. Er wurde vermutlich von einem Weihbischof aus Konstanz (damals Bischofssitz) oder einem eigens dazu beauftragten örtlichen Priester geweiht. Allerdings weist der Stein keine Alterungsmerkmale auf; die Ecken sind scharfkantig. Vielleicht stammt er von einer späteren Weihe. rei / Foto: Uli Gresser

Der Altarstein ist vielleicht 300 Jahre alt

Ein Altarstein gehört in der römisch-katholischen Kirche zur Ausstattung jener Altäre, die nicht aus Stein gefertigt oder die nicht fest angebracht sind (tragbare Altäre). Der Altarstein ist eine Natursteinplatte, die vom Bischof geweiht und an den fünf vorgesehenen und mit einem Kreuz gravierten Stellen mit Chrisam gesalbt ist und in die ein Behälter mit Reliquien, das Sepulchrum (lat. „Grab“), eingesetzt ist. Die Steinplatte hat von ausreichender Stabilität zu sein, um den Altarstein vor Entweihung zu schützen.  

Das Konzil von Trient (1545 bis 1563) schrieb für die Feier der Heiligen Messe einen festen Altar mit steinerner Mensa (Tischplatte) vor, in die Reliquien von Heiligen eingelassen waren. In hölzerne Altäre, die seit der Barockzeit verbreitet vorkamen, musste ein Altarstein mit Reliquien eingesetzt werden. Der Altar in der Spitalkapelle stammt aus der Barockzeit; demnach müsste der Altarstein der Spitalkapelle aus derselben Zeit stammen und, grob geschätzt, also 300 Jahre alt sein. Vielleicht aber ist er jüngeren Datums.

Das kanonische Recht von 1917 sah vor, dass zusätzlich zur Konsekration (Weihe) durch einen Bischof oder einen von diesem dazu beauftragten Priester in einem Altar Reliquien eingebettet sein mussten. Hintergrund ist die frühchristliche Tradition, die Eucharistie über einem Märtyrergrab zu feiern. Da es nicht überall solche Gräber gab, ging man bereits früh in der Geschichte der Kirche dazu über, Reliquien unter dem Sockel des Altares bzw. in der Altarplatte beizusetzen.

Der Internet-Enzyklopädie Wikipedia entnommen, ergänzt von der Redaktion der Bildschirmzeitung

Einen ausführlicheren Bericht mit weiteren Fotos haben wie in unserer Ausgabe „Der Wurzacher“ veröffentlicht.



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mit Bildergalerie
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