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Wort zu Ostern

Einerlei deshalb oder dennoch …



Gedanken zu Ostern

Von Bernhard Müller

Kann man einem anderen zeigen will, dass er sich irrt, muss man beachten, von welcher Seite er die Sache sieht, denn gewöhnlich ist sie von dieser Seite her wahr, und man muss ihm diese Wahrheit zugestehen, aber ihm die Seite zeigen, von welcher her sie falsch ist“, so sah der französische Mathematiker und christliche Philosoph Blaise Pascal (1623–1662) den richtigen Umgang mit Andersdenkenden.

Im Geiste Pascals zu handeln scheint heute aus der Mode gekommen, schwierig und mühsam zu sein. In einer Zeit, in der sich die Weltverbesserer vom Schreibtisch aus und in den sozialen Medien vernichtend bekriegen, wo  gegenseitiger Respekt und tiefschürfende Analysen der Argumente des anderen verlorengehen, wo ein „gutes“ Gespräch nicht mehr möglich ist,  sollten wir das Sprichwort beherzigen: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Denn im Schweigen ruht unser Gewissen und daraus erwächst schließlich das rechte Wort zur rechten Zeit.

Vom amerikanischen Präsidenten Lincoln erzählt man sich, dass er, als er vom Friseur gefragt wurde: „Wie wollen sie frisiert werden?“, antwortete „schweigend“. Geht es uns nicht oft so ähnlich: Überschüttet vom Gerede, überhäuft von Phrasen, Formeln und Floskeln, umspült vom Medienlärm, flehen wir innerlich: „O komm, Gewalt der Stille!“ Nur wer schweigt, hört zu. Schweigen ist keine Sprechunfähigkeit, kein Verstummen. Stumm ist, wer nicht reden kann. Schweigsam ist, wer nicht reden will.

Uns Lärmumwogten ist kaum ein anderer Rat so notwendig wie die Mahnung Sören Kierkegaards: „Der heutige Zustand der Welt, das ganze Leben ist krank. Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte, was rätst du? ­ Ich würde antworten: Schaffe Schweigen! Bringe die Menschen zum Schweigen. Gottes Wort kann so nicht gehört werden. Und wenn es unter der Anwendung lärmender Mittel geräuschvoll hinausgerufen wird, dass es selbst im Lärm gehört werde, so ist es nicht mehr Gottes Wort. Darum schaffe Schweigen!“ Schweigen öffnet unsere Ohren für Erkenntnis und Wahrheit.

Und dennoch ist der Mensch erst Mensch durch das Wort. Das gute und wahre Wort erwächst aus dem Schweigen und dem Zuhören und ermöglicht so ein wirkliches Gespräch, das nie Monolog sein darf. „Im Gespräch“, so hat es der fränkische Priester und Autor Max Rößler formuliert, „wird die ärgste Täuschung des Menschen überwunden, er sei der Mittelpunkt des Kosmos und wo er stünde, habe das Himmelsgewölbe seinen Zenit; wo er glücklich ist, wäre der Seligkeiten Seligkeit erreicht, und wo er leidet, das Ärgste an Schmerz.“ Dialog statt Monolog. Gerade im Gespräch gilt es, immer wieder eines der wichtigsten und kürzesten Worte der deutschen Sprache zu beherzigen: Du.

Trotz aller Ungewissheiten dieser Tage, trotz aller lauten und machtvollen Lügen um uns herum, können wir am Osterfest Gott danken für seine Schöpfung und unser Leben. Wir werden es je nach Charakter und Lebenserfahrung so unterschiedlich tun, wie es die beiden zum katholischen Glauben konvertierten und befreundeten Dichter Werner Bergengruen und Reinhold Schneider getan haben. Während Bergengruen, dessen Literatur die heile Welt beschrieb, auf die Schöpfung sah und betete: „Deshalb lobe ich Dich, mein Gott“, pries Reinhold Schneider, der immer den kranken und erlösungsbedürftigen Erdkreis im Auge hatte, seinen Schöpfer mit den Worten: „Dennoch lobe ich Dich, mein Gott.“

Einerlei deshalb oder dennoch: Dem Auferstandenen, unserem Schöpfer und Retter, gebührt unser Lob und unser Dank!

Bernhard Müller, Kißlegg, ist zusammen mit Manuel Kimmerle, Kißlegg, und Gerhard Reischmann, Bad Wurzach, Herausgeber der Bildschirmzeitung.




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