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Ausstellung „Meine Realität“ in der Galerie im Torhaus

Galeriekreis Leutkirch zeigt Terence Carr



Foto: Herbert Eichhorn
„Die Vertreibung“, 2023, Holzrelief, farbig gefasst – neben zwei Bronzeabgüssen nach Holzskulpturen.

Leutkirch – Im Rahmen seiner traditionellen Winterausstellung zeigt der Galeriekreis Leutkirch im Torhaus noch bis zum 6. Januar Werke von Terence Carr.

Ein anderer Kontinent

Wenn man aus dem grauen und nasskalten Wetter draußen in diese Ausstellung kommt, glaubt man sich beinahe auf einen anderen Kontinent versetzt. Der erste Blick des Besuchers fällt in der Präsentation auf die teilweise mannshohen bemalten Skulpturen des Künstlers. Auf zwei Etagen locker präsentiert, lassen diese einen tatsächlich an Kultobjekte etwa afrikanischer Kulturen denken. Man erkennt Figürliches: Männer, Frauen, Kinder, Tiere, vor allem Schlangen und Raubkatzen, aber auch seltsame Mischwesen oder zeichenhafte Symbole.

Der ungewöhnliche Lebensweg des Künstlers

Ist es zu weit hergeholt, wenn man überlegt, ob diese so eigene Bild- und Zeichenwelt, aber auch die archaisierende Formensprache etwas mit der Herkunft dieses Künstlers zu tun haben könnten? Oder mit seinem ungewöhnlichen Lebensweg? Terence Carr kommt aus einer irischstämmigen Familie. Er ist in Kenia geboren und aufgewachsen. Absolvierte die berühmte Königliche Militärakademie im südenglischen Sandhurst und diente anschließend als Offizier in der britischen Armee, unter anderem auch in Nordirland. Nach einem Studium an der Universität Augsburg entschied er sich 1982 dafür, freischaffender Künstler zu werden. Er lebt und arbeitet heute in Günzburg.

Blick in die Ausstellung.
Foto: Herbert Eichhorn

Skulpturen

Terence Carr ist Bildhauer und auch Maler. So entdeckt der Besucher in der Ausstellung auch die unterschiedlichsten künstlerischen Techniken. Dominierend sind in der Leutkircher Präsentation tatsächlich die mit der Kettensäge aus dem Holz geholten Skulpturen, die auch die charakteristischen Bearbeitungsspuren zeigen. Es sind zum einen einzelne menschliche Figuren, zum anderen kompaktere Objekte aus Figuren und Symbolen. Carrs Holzskulpturen sind durchweg bemalt, entweder in leuchtenden Farben oder nur in Schwarz und Weiß. Zu sehen sind auch Abgüsse von Holzplastiken in Bronze oder Aluminium. Letztere sind dann wieder bemalt.

„It wasn’t us, it was him“, o. J., Acryl auf Papier (Ausschnitt).
Foto: Eichhorn

Malerei und Schnitte

An den Wänden werden die plastischen Arbeiten von Malerei in Acryl, entweder auf Leinwand oder auf Papier, begleitet. Für diese Arbeiten sind offensichtlich Kinderzeichnungen eine Inspirationsquelle, entweder direkt gesehen oder vermittelt über die Werke der Künstlergruppe Cobra. Zwischen den Malereien hängen dann noch Objekte, die man vielleicht als dreidimensionale Scherenschnitte bezeichnen könnte. Material hierfür sind sogenannte Kapa-Platten. Aus diesen Leichtschaumplatten schneidet Carr seine Formen und Figuren, um sie dann zu bemalen und hintereinander zu montieren. Diese originellen, flachen Objektkästen ziehen einen besonders an. In solchen Arbeiten wie etwa dem kleinen Querformat „Love“ gibt es einfach viel zu suchen, zu entdecken und zu enträtseln.

„Love“, 2021, Kapa-Platten-Schnitt.
Foto: Eichhorn

Motive aus Mythologie und Bibel

Wenn der Stil von Terence Carrs Arbeiten und auch einzelne Motive oft an traditionelle afrikanische Kunst erinnern, nehmen seine Inhalte in vielfältiger Weise auf europäische Traditionen Bezug. In vielen seiner Arbeiten und auch in den Titeln der Werke wird auf die griechische Mythologie einerseits oder auf die Bibel anderseits verwiesen: Die Medusa, die ihr Gegenüber zu Stein erstarren lässt, taucht hier ebenso auf wie das legendäre Goldene Vlies, Noahs Arche oder verlorene Paradies. Carr zeigt zum Beispiel auch eine Variante eines der populärsten christlichen Bildmotive, eine Pietà, also Maria mit dem toten Christus im Schoß.

„Judaskuss“, 2023, Holzrelief, farbig gefasst.
Foto: Eichhorn

Verrat im Paradies

„Judaskuss“ ist schließlich der Titel eines aus einem dicken unregelmäßigen Lindenholz-Brett geschnittenen und in leuchtenden Farben bemalten Reliefs. Allerdings zeigt der Künstler nicht die erwartete Szene aus dem Garten Getsemane. Wir blicken vielmehr in den Paradiesgarten, in dem allerdings nicht nur Adam und Eva leben. Wir sehen eine ganze Anzahl von Männern und Frauen, nackt, aber offensichtlich aus unserer Zeit stammend. Die Schlange, die uns in der Ausstellung schon öfters begegnet ist, lauert, wie es zum Paradies gehört, im Baum. Auf einem Tisch steht ein Teller mit dem abgeschlagenen Kopf eines gekrönten Mannes. Offensichtlich sind hier Sündenfall und Verrat bereits passiert, wahrscheinlich mehrfach.

Von Frauen und Männern

Mit diesem attraktiven, aber letztlich doch rätselhaften Bild im Sinn geht man noch einmal durch die Ausstellung und sieht sich auch durch die übrigen Werke in seiner Einschätzung bestätigt: Formen und Motive kommen bei Terence Carr von weit her, räumlich wie zeitlich. Mit ihnen erzählt er aber in seinen Skulpturen und Bildern von der Gegenwart, von uns: von Frauen und Männern, von ihren Beziehungen, von der Liebe, aber auch von dem, was alles schief gehen kann zwischen Menschen.

Am 2. Januar um 17.00 Uhr

Daher gibt es viel zu bereden vor den Werken dieser sehr anregenden Präsentation. Eine gute Gelegenheit dazu bietet sich am Dienstag, 2. Januar, um 17.00 Uhr, wenn der Galeriekreis in der Ausstellung zu einer Veranstaltung in seiner Reihe „Eine Stunde Kunst“ einlädt.

Galerie im Torhaus

Schneegasse 10
Freitags bis sonntags 14.00 bis 17.00 Uhr
Neujahr 14.00 bis 17.00 Uhr
an Heiligabend und Silvester geschlossen

Dienstag, 2. Januar, 17.00 Uhr „Eine Stunde Kunst“

In der Bildergalerie weitere Impressionen aus der Ausstellung im Torhaus. Fotos: Herbert Eichhorn



BILDERGALERIE

Fotos: Herbert Eichhorn

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