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Vorgeführt in Kißlegg

„Leni muss fort“ – ein bewegender Film



Foto: frei
Originalbild von Gabi, die im Film Leni heißt.

Kißlegg – „Erschüttert und bewegt“ habe ihn dieser Dokumentarfilm, sagte der frühere Bundesarbeitsminister Walter Riester nach der Vorführung von „Leni muss fort“ im Kißlegger Sportheim am Abend des 29. November. Darin wird die Geschichte eines jüdischen Mädchens aus dem benachbarten bayerischen Stiefenhofen erzählt, das im Alter von noch nicht einmal sechs Jahren am 16. März 1943 in Auschwitz ermordet wurde.

Aufmerksam gemacht auf das tragische Schicksal des mit richtigen Namen Gabi Schwarz heißenden Mädchens hatte den ehemaligen Spitzenpolitiker, nach dem die „Riester-Rente“ benannt ist, erst vor wenigen Wochen der Isnyer Bürgermeister Rainer Magenreuter. Als er dann kurz darauf von der Vorführung in Kißlegg erfuhr, wollte er den Film unbedingt sehen. 

Riesters Unkenntnis über das Schicksal der kleinen Gabi bestätigen die Aussagen von Regisseur Leo Hiemer, der den Dokumentarfilm vor genau 30 Jahren mit finanzieller Unterstützung der Filmförderung und des öffentlich-rechtlichen Fernsehens drehte und eingangs erläuterte, dass vor der Umsetzung seines Filmprojekts niemand in Stiefenhofen über dieses Thema spreche wollte. 

Monika Dober, SPD-Gemeinderätin, die den Filmabend in Kißlegg organisierte, hatte die Verfilmung, für die auch einige Szenen im Kißlegger Schloss gedreht wurden, vor 30 Jahren zum ersten Mal gesehen und war schon damals tief beeindruckt. 

Regisseur Hiemer berichtete über die Entstehungsgeschichte

Der anwesende Regisseur Leo Hiemer berichtete dem Publikum, wie er 1987 erstmals auf das bewegende Schicksal von Gabi aufmerksam wurde. Seinerzeit habe er in der Zeitung gelesen, dass vier alte Männer in Stiefenhofen eine Gedenktafel für das Mädchen errichten wollten, „was meine Neugierde weckte“. Als er daraufhin seine Mutter, die in Stiefenhofen aufgewachsen war, nach Gabi fragte, riet sie ihm entschieden von Nachforschungen ab: „Lass die Finger davon. Niemand will mehr etwas davon hören!“  Als er sein Filmvorhaben dennoch zu realisieren begann, öffnete ihm seine Mutter in ihrem alten Heimatort aber viele Türen zu noch lebenden Zeitzeugen. 

Sie wurde nur fünf Jahre alt

Inhaltlich beschreibt der anrührende Film wie eine junge jüdische Frau aus einer bayerischen Großstadt 1937 durch Vermittlung der katholischen Kirche ihr uneheliches Mädchen drei Wochen nach der Entbindung bei einer Bauernfamilie in Stiefenhofen zur Pflege gibt und wie diese das Kind wie ihr eigenes annimmt. Mit großem schauspielerischen Können der Mitwirkenden berichtet dieser Dokumentarspielfilm Authentisches vom Schicksal des todgeweihten jüdischen Mädchens und verzichtet dabei komplett auf Gewaltszenen oder Effekthascherei. Die kleine „Film-Leni“ steht stellvertretend für 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche, die von den Nazis ermordet wurden. Ihre Geschichte beschreibt an einem Einzelschicksal das millionenfache Verbrechen an den Juden, das in kaum einem anderen Fall durch soviel erhaltene Originalfotos und persönliche Gegenstände dokumentiert werden kann. Und das von einem Mädchen, welches gerade einmal fünf Jahre alt wurde und außer der Fahrt in den Tod seinen Heimatort Stiefenhofen nie verlassen hat. Dass all die Szenen, die das glückliche Aufwachsen des Kindes dokumentieren, bis heute in Originalbildern erhalten ist, war nur möglich, weil die Mutter der Familie einen Fotoapparat geschenkt hatte, mit dem das Aufwachsen ihres Kindes festgehalten werden sollte.

„Gabi lebt, solange wir sie nicht vergessen“

Erschreckend zeigt der Film neben dem harten, aber offensichtlich glücklichen und idylischen Allgäuer Landleben aber auch das Verhalten der Verantwortlichen vor Ort. Der Zuschauer erahnt, wie das Naziregime funktionierte und wie man den Begriff des „Schreibtischtäters“ zu verstehen hat. „Wie viele brave deutsche Beamten am Judenmord mitwirkten, da bleibt einem die Spucke weg“, sagte der Regisseur, der sich abschließend den Fragen der 150 Zuschauer im vollbesetzten Saal stellte. Die Stimmung war gedrückt, als Leo Hiemer sein „Lebensprojekt“, das er mit Ausstellungen und Buchveröffentlichungen bis heute fortsetzt, erläuterte: „Gabi lebt, solange wir sie nicht vergessen.“

Die Organisatorin des Filmabends: Monika Dobler.
Regisseur Leo Hiemer. Fotos: Jonas Müller



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